Jump to content

Porting by ReplicaRacer


Andi

Recommended Posts

Bevor ihr mit dem Porten eures Zylinders beginnt, solltet ihr euch überlegen, wo der Motor eingesetzt wird. Ein Motor der im Gelände eingesetzt wird, aber eine Leistungskurve wie ein Straßenmotor aufweist wird dem Fahrer mit Sicherheit die größten Probleme und großen Ärger bereiten.
Charakteristisch für einen Geländemotor sind zB ein geringer Vorauslasswinkel (der die Differenz zwischen Auslass- und Überströmersteuerzeiten ist), ein breites Drehzahlband mit einer eher flachen Drehmomentkurve und ein dementsprechender Auspuff mit flachen Konuswinkeln.
Im Gegensatz zum Geländemotor, hat ein Straßenrennmotor einen hohen Vorauslasswinkel, eine steile Drehmomentkurve mit einem kleineren Drehzahlband, aber dafür eine höhere Literleistungen als ein Geländemotor.

Als Erstes ist es also wichtig, die Leistungscharakteristik seines Motors zu definieren.
Hat man das erledigt, sollte man sich um die Resonanzdrehzahl der einzelnen Motorkomponenten kümmern. Wichtig ist, dass die Resonanzdrehzahl (der Drehzahlbereich in dem in dem ein Teil des Motors am besten funktioniert, daher am meisten Leistung bringt) der einzelnen Komponenten möglichst im gleichen Drehzahlbereich liegt, denn nur so können hohe Leistungen erzielt werden! Ein Motor der eine Einlassresonanzdrehzahl von 9000 U/min hat, sollte auch Auslassseitig auf diese Drehzahl abgestimmt werden.

Angenommen, der oben genannte Motor hätte einen auslassseitige Resonanzdrehzahl von 12000 U/min und die Einlassdrehzahl würde nicht an diesen Wert angepasst werden. Der Resonanzauspuff würde zwar bei dieser Drehzahl seine Arbeit hervorragend verrichten, aber trotzdem wäre die Zylinderfüllung schlecht weil das frische Gemisch aus dem Einlass zu spät im Brennraum angelangen würde und somit zu wenig Luft/Benzin/Öl-Gemisch zur Verbrennung im Brennraum zur Verfügung stehen würde und das die Leitung des Motors erheblich senkt.

Um diesen Leistungsverlust zu verhindern, muss im zweiten Schritt die Resonanzdrehzahl des Einlasses und der Auslasses des momentanen Setups berechnet werden. (Zur Berechung könnt ihr mein Programm „2-Takt-Motorberechnungsprogramm“ verwenden. Das ist im Forum downloadbar)
Mit Hilfe der aktuellen Auslassresonanzdrehzahl kann dann eine neue Resonanzdrehzahl festgelegt werden. Es ist aber wichtig realistisch zu bleiben und die Drehzahl auch in Bezug auf Verschleiß, Verbrauch, usw. festzulegen. Man sollte sich auch die Frage stellen, ob die verbaute Kurbelwelle und Lager die erhöhten Belastungen aushalten. Bitte beachten, dass die Kraft, die auf die oszillierenden Teile wirkt, zum Quadrat zunimmt. Das heißt bei doppelter Drehzahl wirkt die vierfache Kraft auf die Teile, das muss unbedingt beachtet werden, sonst kann ein kleiner Portingversuch mit einem kapitalen Motorschaden enden, der mit dementsprechenden Kosten und Arbeit verbunden ist!

Ist die neue auslassseitige Resonanzdrehzahl festgelegt, kann mit Hilfe meines Programms die benötigte Steuerzeit und Auspufflänge berechnet werden.
Bei der Festlegung der Auslasssteuerzeit muss aber beachtet werden, dass diese nicht zu hoch liegt denn durch das Erhöhen der Steuerzeit wird der Nutzhub verringert und das Drehzahlband bzw. Drehmoment geschmälert, was ja in einem Geländemotor zu großen Problemen führen kann.
Bei einem Straßenmotor würde ich nicht auf über 200° gehen und bei einem Geländemotor nicht auf über 190°, wobei diese Werte alles andere als alltagstauglich sind, sondern nur für Rennmotoren/Motoren die nur selten verwendet werden) übernommen werden sollten! Ein noch alltagstauglicher Auslasswinkel wäre 185°.

Zudem muss unbedingt beachtet werden, dass der Vorauslasswinkel in einem sinnvollen Bereich gehalten wird. Bei einem Geländemotor würde ich maximal 30° nehmen und bei einem Straßenrennmotor maximal 35°, wobei der letzte Wert nicht mehr alltagstauglich ist und einen sehr hohen Spritverbrauch und ein kleines Drehzahlband als Folge hat und passende Restkomponenten voraussetzt. Ein alltagstauglicher Wert für einen Straßenmotor wäre 30°. Diese Werte sollten aber nicht stur übernommen werden, sondern eben an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden, je nachdem wie wichtig einem ein geringer Spritverbrauch und ein weites Drehzahlband sind. Zudem hängt die Wahl des Vorauslasswinkels mit einer Unzahl an Faktoren zusammen, zB mit den Eigenschaften des Resonanzauspuffs. Hat dieser sehr steile Winkel, dann braucht der Vorauslasswinkel nicht so groß sein und trotzdem wird eine gute Entladung des Zylinders vor dem Öffnen der Überströmports erreicht.

Bei recht hohen geplanten Auslasssteuerzeiten ist es oftmals gar nicht möglich diese zu realisieren, da der Vorauslasswinkel zu groß werden würde. Da bleibt einem eigentlich nichts anderes über, als den geplanten Auslasswinkel zu verringern oder die Steuerzeiten der Überströmer anzuheben. Letzteres sollte allerdings nur von Profis gemacht werden, denn die Überströmer sind das heikelste im Motor überhaupt. Ein kleiner Fehler bei der Bearbeitung, und der Zylinder hat nur mehr Altmetallwert! Also unerfahrenen Tunern würde ich von dieser Arbeit unbedingt abraten und da ich nicht die Schuld für teure Schäden tragen will, werde ich auch nicht näher auf die Bearbeitung eingehen.

Es geistert auch das Gerücht herum, dass der Steg zwischen den Überströmerkanälen am Zylinderfuß angespitzt werden soll. Dieses Gerücht ist falsch, alle Teile die in der Gasströmung liegen, sollten schön rund sein (siehe Bild), daher auf keinen Fall irgendwelche Stege anspitzen, sondern abrunden, wenn sie spitz sind.

 

image.png.7b1e679afc8ed0959f9035c74e841271.png

 

 

Hat man jetzt die Werte für das Auslasssystem festgelegt, muss unbedingt noch die Einlassresonanzdrehzahl an die Auslassresonanzdrehzahl angeglichen werden.
Möglich ist das zB durch einen größeren Vergaser+Ansaugstutzen, kürzen des Ansaugstutzens, Totraumvernichtung im Kurbelgehäuse, …

Sind die theoretischen Dinge geklärt, können wir in die Praxis schreiten und mit dem Porten beginnen.
Jetzt einfach mit der Schublehre die Ports abzumessen ist meiner Meinung nach Blödsinn und sehr ungenau. Am genauesten wird das Ganze mit Hilfe einer Portmap. Dazu muss man nur ein Stück Papier (das größer ist wie der zu vermessende Port) in den Zylinder einlegen und an der Zylinderwand mit ein paar Klebestreifen befestigen. Anschließend wird mit einem Bleistift das Papier leicht angemalt und dann wieder aus dem Zylinder entfernt. Normalerweise müsste inmitten des normalen Gekritzels eine festere Linie sichtbar sein (siehe Bild). Diese Linie ist die Aussenkante des zu bearbeitenden Ports.

 

image.png.9da9d7cb40c2880fc5296d0f6ce10c4e.png

 

Als nächstes wird die Portmap auf eine ebene Fläche gelegt und mit einem Lineal die Breite des eingezeichneten Ports vermessen. Mit diesem Wert kann dann mit Hilfe des Programms, die Auslassbreite im Verhältnis zur Zylinderbohrung ausgerechnet werden. Einfach den von der Portmap abgemessenen Wert durch die Zylinderbohrung zu dividieren geht nicht, da die Portmap abgerollt ist und somit ein Segment des Umfangs der Zylinderbohrung ist und nicht die von uns benötigte Sehne!
Mit Hilfe meines Programms wird jetzt das Breitenverhältnis berechnet. Anhand dieses Verhältnisses kann man festlegen, wie weit der Zylinder in die Seite bearbeitet werden kann, ohne Probleme mit den Kolbenringen zu bekommen.

Für ovale Kanäle würde ich eine maximale Breite von 70% der Zylinderbohrung wählen, alltagstauglich wären 65%. Bei einem dreiteiligen Auslass ist man theoretisch in der Breite eigentlich nur durch Aussparungen am Kolben begrenzt (siehe die Auskerbungen an den Kolben über den Kolbenbolzen).
Für alltagstaugliche Motoren würde ich aber maximal 85% bei dreiteiligen und 80% bei zweiteiligen Auslässen empfehlen.

 

image.png.7a43e51fc1be05ba498f4589458f689b.png

 

Die meisten originalen Auslässe sind so wie A gestaltet. Bei einer Verbreiterung auf 70% sollten sie so oval wie B gestaltet werden, um ein Einharken der Kolbenringe zu verhindern!

 

image.png.b5a25d42481c73d4b19f40cc45b8b838.png

 

Hier noch ein kleiner Vergleich zwischen meinem KTM SX125 (Auslassbreite 95%) und unbearbeiteten MHR Zylinder:

image.png.6e5826353bad8f04b04bf81b4ba99fac.png

 

image.png.ea740c51302b31259e16976a4a2f412b.png

 

 

Hat man sich jetzt auf eine Kanalbreite festgelegt, wird der Wert ins Programm eingegeben. Der Kanal auf der Portmap wird dann um auf den errechneten Wert vergrößert und anschließend wird die Portmap horizontal auf Höhe der breitesten Stelle des Kanals durchgeschnitten. Die halbe Portmap wird dann wieder so in den Zylinder eingeklebt, dass die Abzeichnung des Kanals genau über dem jeweiligen Kanal liegt und mit einem wasserfesten Stift wird dann die neue Kanalbreite (genau über der neu berechneten und eingezeichneten Kanalbreite auf der Portmap) an der Zylinderwand eingezeichnet. Anschließend wird die Portmap aus dem Zylinder entfernt und die Linie auf der Zylinderwand auf die vollständige Kanalhöhe vertikal verlängert.

Nun wissen wir, wie breit der Kanal bearbeitet werden darf, aber noch nicht wie hoch.
Daher wird als nächstes der Kolben zum oberen Totpunkt bewegt und dort wird genau auf Höhe der oberen Kolbenkante eine Linie an der Zylinderwand eingezeichnet.
Anschließend wird in das Programm die gewünschte Steuerzeit, die der Zylinder nach abgeschlossenem Porting haben soll, eingegeben. Der errechnete Wert ist der neue Abstand zwischen eben gezeichneter Linie und der neuen Kanaloberkante. Jetzt brauchen wir nur noch den errechneten Wert auf der Schublehre einstellen und dann die Schublehre an der horizontalen Linie anlegen und die neue Kanaloberkante einzeichnen.

Bevor jetzt endlich der Dremel gestartet wird, ist es noch sinnvoll die Auslassform an der Zylinderwand einzuzeichnen, denn sonst kann es leicht passieren, dass der Auslass nicht symmetrisch ist. Bei der Wahl der Auslassform ist darauf zu achten, breite Ports oval zu gestalten um ein einharken der Kolbenringe zu verhindern. Bei weniger breiten Ports kann als Auslassform auch ein Rechteck gewählt werden, aber die Ecken müssen unbedingt mit einem kleinen Radius abgerundet werden!

Sobald dann die äußeren Kanten des Auslasses eingezeichnet sind, kann es mit der Bearbeitung des Zylinders losgehen.
Wie ihr das Werkzeug am Besten handhaben solltet, kann ich euch leider nur teilweise erklären, da müsst ihr selber praktische Erfahrungen sammeln. Aber auf jeden Fall sollte mit hoher Drehzahl und wenig Druck gefräst werden. Für Schleifarbeiten an der Zylinderbeschichtung würde ich nur Schleifaufsätze verwenden, keine Diamantaufsätze! Die Diamantaufsätze eignen sich aber für Bearbeitungen von unbeschichteten Teilen (zB Auslasskanal hinter der Beschichtung) sehr gut.

Noch ein kleiner Tipp am Rande: Sorgfältig, genau und langsam arbeiten und vor allem jeden Arbeitsschritt genau durchdenken!
Ich wünsche gutes gelingen und die erhoffte Leistungssteigerung! Ich übernehme keine Haftung für jegliche entstandene Schäden!

ReplicaRacer für 2stroke-tuning.com

 

 

  • Like 2
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

×
×
  • Neu erstellen...